Mündigkeit

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Eine Praxis der Selbst- und Mitbestimmung

ISBN: 3593390612
ISBN 13: 9783593390611
Autor: Cannaday, Thomas
Verlag: Campus Verlag
Umfang: 261 S.
Erscheinungsdatum: 16.08.2018
Auflage: 1/2018
Format: 1.7 x 21.4 x 14.1
Gewicht: 336 g
Produktform: Kartoniert
Einband: KT

In Zeiten, in denen sich autoritäre Regime vermehren und regelmäßig von Postdemokratie die Rede ist, kommt dem Begriff der Mündigkeit eine besondere Wichtigkeit zu. Wie weit reichen Selbstbestimmung und Autonomie? Wo sind die Grenzen der Mitbestimmung? Und was heißt es überhaupt, selbstbestimmt zu leben? Mündigkeit bezeichnet sowohl ein reflektiertes Selbstverhältnis als auch eine soziale Praxis; Selbst- und Weltbezug der Mündigen sind stets zusammenzudenken. Denn jeder Selbstbezug gründet letztlich, so die These dieses Buches, auf einer sozialen Bezogenheit.

Artikelnummer: 3124329 Kategorie:

Beschreibung

Einleitung Mit Mündigkeit gegen Unterdrückung, Barbarei und Exklusion - immer wieder taucht der Begriff als Schlag- und Bindewort oppositioneller Kräfte auf. Eine wichtige Station der Begriffskarriere von Mündigkeit ist die Periode, die zur Französischen Revolution führte. In dieser jagte die Vorstellung mündiger Untertanen dem Adel Schrecken ein. Sie sahen mit Mündigkeit ihren Deutungs- und Herrschaftsanspruch gefährdet, da die Untertanen nicht nur selbst ihre Meinung bilden, sondern auch politische Mitbestimmung fordern würden. Gegen Barbarei richtet sich eine Erziehung zur Mündigkeit spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland. Mündige Bürger sollen einerseits das Fundament der jungen Demokratie stärken, andererseits sollen sie durch kritisches Selbstdenken dem Sog der Massen und deren regressierender Vereinnahmung widerstehen können. Nach dem Fall der Mauer konstatieren Stimmen, dass ein demokratischer Rechtsstaat nur auf Dauer durch "mündige[s] Mitdenken und Mittun seiner Bürgerinnen und Bürger und ihrer Bereitschaft, sich selbst- und sozialverantwortlich ein Urteil zu bilden, in der Verfassung normierte Regeln und Werte zu respektieren und sich für sie zu engagieren", fortbestehen könne. Mündigkeit ruft dadurch nicht nur zur Partizipation auf, sondern verspricht durch politische Teilnahme gesellschaftliche Inklusion. Auch für andere Aspekte wird Mündigkeit herangezogen. So lässt sich eine Forderung nach liberaler oder sozialistischer Mündigkeit finden, oder auch nach religiöser, wirtschaftlicher, juristischer und anthropologischer. Manchmal wird mit Mündigkeit Erwachsensein festgehalten. In anderen Fällen geht es um reine Geschäftsfähigkeit und nicht selten steht Mündigkeit einfach synonym für Autonomie, Selbstbestimmung und Emanzipation. Diese vieldeutige Verwendung lässt einerseits den eigentümlichen Umstand aufkommen, dass Mündigkeit sowohl über- als auch unterbestimmt ist. Unterbestimmt ist der Begriff insofern, als er vielen nicht nur als Erziehungsziel zu vage ist, sondern seine "inhaltliche Füllung [.] immerhin weitgehend ins Belieben eines jeden gestellt" sei, sodass er nur als "Leerformel" gelten könne. Darüber, wer mündig sei, könne kein Urteil gefällt werden, weil dieses letztlich von der beliebig deklarierten Definition des Einzelnen abhänge, was darunter eigentlich zu verstehen wäre. Als überbestimmt gilt er dagegen denjenigen, die darin zu perfektionistische Ansprüche an den Menschen gestellt sehen, etwa eine "geistige Durchdringung der gesamten Realität", die in einer "immer komplizierter werdenden Gegenwart [.] eigentlich stets unerreichbarer werden muß". Vielleicht könne man noch "teilmündig" oder "halbmündig" werden - vollständige Mündigkeit sei aber nicht einzuholen. So äußern sich nicht zuletzt Stimmen, dass man sich von einer nicht realisierbaren Mündigkeit zu befreien habe. Auf dieses scheinbar paradoxe Verhältnis von Über- und Unterbestimmtheit muss eine Arbeit zu Mündigkeit antworten. Andererseits reihen sich an die formalen Bedenken zum Begriff selbst auch solche zu versteckten Theorietraditionen. Viele Begriffe, wie eben Selbstbestimmung, Autonomie, Verantwortung, stehen in einem engen Bezug zu Mündigkeit. Diese Wahlverwandtschaften begünstigen eine synonymisierende Verwendung, einen impliziten Austausch, ohne dass dabei der Gehalt von Mündigkeit explizit wird. Eine Bestimmung von Mündigkeit steht daher vor der Herausforderung, hinreichend weit zu sein, um versteckte Traditionen miteinzubeziehen, ohne dabei konturlos zu werden. Unklar bleibt etwa, ob zur Mündigkeit eine moralische, eine persönliche oder eine soziale Form von Autonomie notwendig ist. Es stellt nicht nur einen Kompetenzunterschied dar, ob jemand mündig ist, wenn er sein Leben nach universellen Prinzipien gestaltet, persönliche Präferenzen als Maßstab heranzieht oder seine Mündigkeit erst, wie wir sehen werden, in und über soziale Aushandlungsprozesse realisiert. Die Art und Weise, wie Mündigkeit umzusetz

Autorenporträt

Thomas Cannaday, Dr. phil., ist Philosoph und Soziologe.

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