Politische Sicherheit

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Zur Geschichte eines umstrittenen Konzepts

ISBN: 3593503131
ISBN 13: 9783593503134
Autor: Marciniak, Angela
Verlag: Campus Verlag
Umfang: 369 S.
Erscheinungsdatum: 09.02.2015
Auflage: 1/2015
Format: 2.4 x 21.3 x 14
Gewicht: 470 g
Produktform: Kartoniert
Einband: PB

Mit dem Ziel, unser heutiges Verständnis von politischer Sicherheit jenseits tagespolitischer Gefahrendebatten zu schärfen, rekonstruiert Angela Marciniak an den Werken von Thomas Hobbes, Jeremy Bentham und Hans Joachim Morgenthau eine Ideengeschichte des Phänomens. Zugleich wird Sicherheit als politisches Konzept für die gegenwärtige normative politische Theorie fruchtbar gemacht.

Artikelnummer: 7510176 Kategorie:

Beschreibung

Einleitung Sicherheit als politisches Konzept steht im Zentrum dieses Buches. Drei bedeutende Konzeptionen desselben - die Sicherheitskonzeptionen von Thomas Hobbes (1588-1679), Jeremy Bentham (1748-1832) und Hans Joachim Morgenthau (1904-1980) - werden im Rahmen der vorliegenden Untersuchung analysiert, dargestellt und diskutiert. Anlass und Ausgangspunkt dieser Konzeptgeschichte der Sicherheit war: eine Unsicherheit meinerseits. Diese Unsicherheit kam zögerlich auf. Sie bildete sich in den Jahren nach dem 11. September 2001 ganz allmählich heraus, in Zeiten also, da die Gefahren der so genannten Weltrisikogesellschaft verstärkt als Bedrohung empfunden und die Rufe nach Sicherheit beständig lauter wurden. Die "Erosion von Sicherheit" würde die politischen Diskurse unserer Tage bestimmen, heißt es seitdem, und es ist nicht von der Hand zu weisen, dass Sicherheit heutzutage ein wirkmächtiger Topos ist, der nahezu jegliches politische Handeln legitimieren kann - ein fragwürdiger Erfolg, der sich mittlerweile auch in der wissenschaftlichen Literatur widerspiegelt. Die Veröffentlichungen zum Thema sind bereits Legion, man denke nur an die fast schon zerfasernde Debatte um "Sicherheit versus Freiheit" als Reaktion auf diverse Gesetze im so genannten Kampf gegen Terrorismus, welche Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit seit 9/11 gleichermaßen beschäftigt, bewegt und nicht selten spaltet. Um das "Spannungsverhältnis zwischen Freiheit und Sicherheit" geht es da, um den "Widerspruch zwischen Freiheit und Sicherheit" oder um die notwendige Balance zwischen beiden Konzepten, die seit den Anschlägen auf das World Trade Center ins Wanken gekommen sei und neu justiert werden müsse. Sicherheit kann heute vieles sein und vieles umfassen. Sicherheit wird beschrieben als "abstrakter Programmbegriff" oder "soziokultureller Orientierungshorizont", als "sozio-kulturelles Wertsymbol" oder auch - ebenso schlicht wie üppig - als "catch-all-Begriff der modernen Welt". Der Forschung zufolge war das nicht immer der Fall. Zwar herrscht Übereinstimmung, dass Sicherheit - von Beginn der neuzeitlichen Staatenbildung an bis heute - Ziel von Regierungshandeln und Objekt gesellschaftlicher Politikerwartung gewesen sei und damit stets von ungemeiner Bedeutung für die Gestalt(ung) politisch-sozialer Ordnungen. Die "Thematisierung des Sicherheitsproblems" aber sei neueren Datums, schreibt Kaufmann, und eine "Konjunktur des Sicherheitsbegriffs" erst seit Mitte des 20. Jahrhunderts zu beobachten: Die zunehmende Unsicherheit sei "die Mangellage, die sich in der [zunehmenden] Wertschätzung des Begriffs Sicherheit" ausdrücken würde. Es waren diese zahlreichen, oftmals sehr sicher gehandhabten Aussagen und Diskussionsstränge zu Sicherheit, die besagte Unsicherheit bei mir aufkeimen ließen; sie erwuchs aus drei zentralen Punkten heraus: Erstens stellte sich die Frage, ob Sicherheit und Freiheit für eine Gesellschaft denn tatsächlich in erster Linie als konträre Konzepte zu denken sind, als etwas, das immer wieder in die Waage gebracht werden muss. Es erschien mir nicht überzeugend, dass ein Mehr an Sicherheit so oft für ein Weniger an Freiheit verantwortlich gemacht werden soll - oder umgekehrt. Zweitens scheint weitgehend Übereinstimmung zu herrschen, dass das Verlangen, in irgendeiner Weise "sicher" zu sein, in zahlreichen Situationen ein wichtiges Bedürfnis von Individuen darstellt und somit wesentlich mehr ist als eine bloße "Randbedingung" guten, menschenwürdigen Lebens. Warum also sollte das heutige "Streben nach Sicherheit" in seiner Intensität ein eher neues Phänomen sein, warum sollte sich Sicherheit erst ab der Mitte des 20. Jahrhunderts zu einem "gesellschaftliche[n] Wert" von eminenter Bedeutung herausgebildet haben, der "notwendigerweise einen symbolhaften und normativen Inhalt hat" und als Sehnsuchtsbegriff gezeichnet, wenn nicht gar überhöht wird? Um sich diesen beiden Fragen überhaupt angemessen widmen zu können, müsste allerdings eine dritte Unsicherheit geklärt werden: Die Frage nach dem, was Sicherheit, hier insbesondere politische Sicherheit, eigentlich ist. Es wäre hierzu wichtig, den Bedeutungsgehalt von Sicherheit zu verschiedenen Zeiten zu identifizieren und zu untersuchen, zu welchen Zeiten von staatlicher Seite aus Sicherheit aus welchen Gründen und auf welche Weise für wen geschaffen und gewährleistet werden sollte. Aus diesen Unsicherheiten also ging die vorliegende Untersuchung zu Sicherheit hervor. Anhand dreier verschiedener Konzeptionen von politischer Sicherheit - wie eingangs angeführt, handelt es sich um die Sicherheitskonzeptionen von Thomas Hobbes (Kapitel 2), Jeremy Bentham (3) und Hans Joachim Morgenthau (4) - werden die Bedeutungsinhalte von Sicherheit zu unterschiedlichen Zeiten herausgearbeitet, dargestellt und diskutiert. Dabei gehe ich wie folgt vor: Die Studie orientiert sich an den soeben angeführten drei Fragekomplexen. So soll mittels der Analyse ein neuer Zugang zu Sicherheit als politischem Konzept eröffnet werden. In der Alltagssprache wie im gesellschaftlichen Meinungswissen ist Sicherheit derart fest verankert, dass sie hier in der Regel als selbstverständlich wahrgenommen und kaum hinterfragt wird. In den Sozialwissenschaften ist Sicherheitsforschung zwar längst ein "breit etabliertes Feld", allerdings wurde sie seitens der Politikwissenschaft jahrzehntelang fast ausschließlich in der Disziplin Internationale Beziehungen betrieben, hingegen aus Perspektive der Politischen Theorie kaum betrachtet. So moniert denn auch Glen Newey, einer der wenigen zeitgenössischen politischen Philosophen, die sich bislang mit Sicherheit beschäftigt haben, dass diese in kaum einem Einführungsbuch zur politischen Philosophie zu finden sei, und auch Jeremy Waldron wirft seiner Zunft vor, sich eingehend mit Freiheit und eben jener Balance zwischen Freiheit und Sicherheit, zu selten aber mit dem Konzept Sicherheit als solchem beschäftigt zu haben: "However, we almost never address the question of what security means." Einführend lege ich das hier zugrundeliegende Verständnis von Sicherheit dar (Kapitel 1) und erläutere, inwieweit die Bestimmung von Sicherheit durch die Inbetrachtnahme so genannter Komplementärkonzepte (hier: Furcht, Misstrauen, Unausgewogenheit) erleichtert, wenn nicht gar erst ermöglicht wird. Zudem wird eine Kategorisierung entwickelt, die es er-laubt, Sicherheit als Begriff, Idee oder als politisch-theoretisches Konzept zu fassen. Letzteres steht im Mittelpunkt dieser Untersuchung. Des Weiteren nehme ich eine Abgrenzung vor, was insbesondere unter "politischer Sicherheit" zu verstehen ist, die eine Art Raster für die vorzunehmende Analyse bildet (1.2). Daran anknüpfend wird ein pluralistischer methodischer Ansatz erarbeitet, der eine problemzentrierte und kritische Untersuchung der verschiedenen Sicherheitskonzeptionen gewährleisten soll. Diese methodischen Überlegungen beziehen sich insbesondere auf einzelne Aspekte dreier bedeutender Forschungsparadigmen, die sich als Kritik an der traditionellen Ideengeschichtsschreibung etablierten; es handelt sich um die deutsche Begriffsgeschichte (1.3.1), die Cambridge School (1.3.2) und die Diskursanalyse Michel Foucaults (1.3.3). Davon ausgehend werden die Sicherheitskonzeptionen der drei genannten politischen Denker bestimmt und detailliert untersucht. Im Rahmen der Analyse wird jeweils eine Kategorisierung entwickelt, die der zu untersuchenden Sicherheitskonzeption angemessen ist. Verschiedene Dimensionen von Sicherheit werden auf diese Weise identifiziert und anschließend auf ihren Bedeutungsgehalt hin untersucht. Mit in Betracht gezogen wird immer die Frage, wie sich die theoretischen Sicherheitskonzeptionen auf die politisch-soziale Ordnung eines Gemeinwesens auswirken würden, sollten sie in einem solchen praktisch umgesetzt werden. Auf diese Weise werden drei Kapitel einer Konzeptgeschichte der Sicherheit geschrieben, die dazu beitragen sollen, aktuelle...

Autorenporträt

Angela Marciniak ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Marburg und wissenschaftliche Koordinatorin des Sonderforschungsbereichs »Dynamiken der Sicherheit« der Universitäten Marburg und Gießen.

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