Kabuls Schule der schönen Frauen

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8,95 

ISBN: 3453645170
ISBN 13: 9783453645172
Autor: Rodriguez, Deborah
Verlag: Heyne, Wilhelm Verlag
Umfang: 336 S.
Erscheinungsdatum: 05.05.2008
Format: 2.5 x 18.8 x 12
Gewicht: 295 g
Produktform: Kartoniert
Reihe; Bandnummer 1. Reihe: HEY64517
Einband: KT
Originaltitel: The Kabul Beauty School. An American Woman Goes Behind the Veil

“Eine packende, ermutigende Geschichte.” Glamour

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Artikelnummer: 1304538 Kategorie:

Beschreibung

Die Frauen werden kurz vor acht in den Salon kommen. An einem anderen Tag würde ich jetzt noch im Bett liegen und versuchen, ein bisschen zu schlafen. Wahrscheinlich würde ich den Hahn meiner Nachbarn verfluchen, weil er mich im Morgengrauen geweckt hat. Vielleicht würde ich auch mal wieder über die Gemüsehändler stöhnen, die um drei Uhr morgens mit ihren Pferdewagen durch die Straßen poltern, oder über den Mullah, der um halb fünf zu seinem endlosen, schwermütigen Gebetsruf ansetzt. Aber heute findet Roshannas Verlobungsfeier statt, und deswegen bin ich angezogen und einsatzbereit. Ich habe schon vier Zigaretten geraucht und zwei Tassen Instantkaffee getrunken, den ich mir selbst aufbrühen musste, weil die Köchin noch nicht da ist. Das ist eine größere Herausforderung, als man meinen sollte, aber ich habe gerade erst gelernt, wie man in Afghanistan Wasser zum Kochen bringt. Ich lege auf beide Brenner des alten, wackeligen Gasherds ein brennendes Streichholz, dann drehe ich das Gas auf, mache einen Satz nach hinten und warte ab, auf welcher Seite sich ein Flammenkranz bildet. Anschließend setze ich einen Kessel mit Wasser auf und bete, dass die Bakterien, die im Wasser des Kabul schwimmen, durch das Kochen abgetötet werden. Die Schwiegermutter kommt als Erste in den Salon, und wir begrüßen uns auf traditionelle Weise, fassen uns an beiden Händen und küssen einander dreimal auf die Wange. Roshanna steht noch vor der Tür, ein winziges, unbeholfenes blaues Gespenst in einer Burka, dem Ganzkörperschleier, der sie von Kopf bis Fuß bedeckt. Das Gesichtsgitter ist verrutscht, sodass sie nichts sieht und gegen den Türrahmen stößt. Als sie unter ihrer wallenden Burka kichernd mit den Händen nach Halt tastet, eilen ihr zwei Schwägerinnen zu Hilfe. Kaum ist sie im Salon, reißt Roshanna sich die Burka vom Leib und hängt sie über eine Trockenhaube. »Das war wie in den Taliban-Zeiten«, sagt sie, denn seit die Taliban im Herbst 2001 aus Kabul vertrieben wurden, hat sie die Burka nicht mehr übergezogen. Normalerweise trägt Roshanna Kleider, die sie sich selbst näht, prächtige Hosen aus schwarzem Baumwolltuch oder Saris in leuchtend bunten Farben. Dann fällt Roshanna auf wie ein Schmetterling in dem staubigen Grau der Straßen von Kabul, auch gegenüber den anderen Frauen, die vorwiegend dunkle, eintönige Kleidung tragen. Heute jedoch hält sie sich an die traditionellen Verhaltensregeln für eine Braut bei ihrer Verlobungs- oder Hochzeitsfeier. Verborgen unter einer Burka, hat sie das Haus ihrer Eltern verlassen, und wenn sie in sechs Stunden aus dem Salon tritt, wird sie geschmückt sein mit pfundweise Lidschatten, falschen Wimpern von der Größe von Spatzenflügeln, einer monumentalen Frisur und Kleidern mit mehr Glanz und Glitter als ein Riesenrad. In Amerika würde man diesen Look mit Dragqueens assoziieren, die zu einer Fünfzigerjahre-Themenparty tänzeln. Aus Gründen, die ich bisher noch nicht durchschaut habe, verleiht er hier in Kabul den geheimnisvollen Nimbus der Jungfrau. Gleich nach den beiden Frauen kommen die Köchin, die mir im Vorbeigehen zuflüstert, dass sie Tee kochen wird, und die drei Friseurinnen Topekai, Basira und Bahar. Sie alle legen ihre Kopftücher ab, und dann sind wir gewappnet für einen fröhlichen Tag voller Tratsch und Klatsch und die stundenlange Tortur, die die zwanzigjährige Roshanna in eine traditionelle afghanische Braut verwandeln wird. Die meisten Friseursalons würden allein für das Zurechtmachen der Braut um die zweihundert Dollar verlangen - etwa die Hälfte des durchschnittlichen Jahreseinkommens in Afghanistan -, aber ich bin nicht nur Roshannas ehemalige Lehrerin, sondern auch ihre beste Freundin, obwohl ich zwanzig Jahre älter bin. Sie war die Erste, mit der ich mich hier in Afghanistan angefreundet habe, und weil sie mir sehr am Herzen liegt, stellt meine Arbeit eins meiner Hochzeitsgeschenke dar. Wir beginnen mit den Bereichen von Roshannas Körper, die außer ihrem Ehemann heute Abend niemand zu Gesicht be

Deborah Rodriguez gibt den Frauen Afghanistans eine Stimme Der Schönheitssalon ist der Ort, an dem afghanische Frauen wirklich frei sein können, da Männern der Zutritt verboten ist. Die Amerikanerin Deborah Rodriguez hat im Jahr 2002 in Kabul eine Kosmetikschule eröffnet. Mit großem erzählerischen Charme berichtet sie von ihrem Entwicklungshilfeprojekt, den Widrigkeiten, denen sie in dieser männerdominierten Gesellschaft begegnet, und den Frauen, die hier ihre ersten Schritte in die Freiheit tun.

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