Beschreibung
Das kleine Notizheft mit dem schwarz-roten Umschlag und dem Gelsenkirchen-Panini-Bild der EURO 88 ist mein Zeuge. Sechszehneinhalb Seiten lang habe ich akribisch Buch geführt und aufgeschrieben, wie wir beim Fußball den Eimer vollbekommen. 1:8 gegen Heinebach/Osterbach, 0:10 gegen Bebra oder 0:9 gegen Opersuhl, die eigentlich Obersuhl heißen, aber die Statistik beginnt am 29. Mai 1988 und da war ich gerade einmal acht Jahre alt. Vereinzelte Erfolgserlebnisse befinden sich auch in dem Büchlein, zum Beispiel das 1:0 in Lispenhausen oder das 3:0 in Hönebach durch Tore von Stefan Berge (2) und Norman Holl - das Spiel, mit dem die Chronik des Versagens aufhört. Das bedeutete aber nicht, dass die Begeisterung für den Fußball damit endete. Obwohl ich am Wochenende gezeigt bekam, dass ich es nicht kann, war ich jeden Tag nach der Schule auf dem Sportplatz. Wenn wir zu zweit waren, ging einer ins Tor und der andere musste von mindestens sechzehn Metern schießen. Unter diesem einfachen Prinzip rollten wir die deutsche Länderspielgeschichte neu auf, knallten als Littbarski aufs und parierten als Illgner im Tor und konnten einmal Lothar Matthäus sein. Als wir alle Länderspiele gespielt hatten, stellten wir zwei Kleinfeldtore gegenüber auf und zockten Eins-gegen-Eins. Wenn wir zu dritt waren, spielten wir Lünfeln, eine Spielform, die in anderen Teilen des Landes u. a. als Luftkönig, Englisch oder Hochball bekannt ist. Ab vier Leuten ging es auf zwei Kleinfeldtore und in den Sommerferien wurden aus vier Spielern nicht selten zwei komplette Mannschaften, weil aus den umliegenden Dörfern ganze Fahrradkolonnen anrollten. Das erste Mal, von dem meine ältere Schwester immer sprach, weil es in der BRAVO neben Jason Donovan und den New Kids On The Block das zentrale Lebensthema war, erlebte ich beim Fußball immer und immer wieder: Das erste Mal Maradona sehen, das erste Mal unter der Woche die zweite Halbzeit im Fernsehen gucken dürfen, das erste Mal ein Wunder von der Weser erleben, das erste Mal unflätige Erwachsene im Stadion bewundern, das erste Mal heulen, weil man im Halbfinale gegen die Niederlande ausscheidet. Und, natürlich, zum ersten und einzigen Mal mit einem Verein eine Bindung fürs Leben eingehen. Diese einzigartige Welt der ersten Male war meine geworden, und das, obwohl sie in gleichen Teilen aus Zuversicht und Ermattung bestand. Dass das auch (aber nicht allein) mit Erlebnissen zusammenhing, zeigt dieses Buch. Die Liebesgeschichte, die jeder so oder so ähnlich selbst erlebt hat, wurde von unzähligen Objekten gerahmt, die wir selbst besaßen oder die bei Quelle, Neckermann oder VOBIS Sehnsüchte weckten, die nie erfüllt wurden. Heute begegnen sie einem im Internet, auf Flohmärkten oder in Trödelläden und für eine Minute oder zwei ist man dann wieder ein Kind. Es geht nicht um die Vollständigkeit einer Sammlung, die niemals vollständig sein wird, es geht nicht um die seltene Medaille eines Weltmeisters, der sie aus finanziellen Sorgen veräußern muss und eigene zur Folge hätte. Es geht darum, Sachen zu besitzen, ohne die man nicht mehr leben kann, ohne vorher zu wissen, dass es sie überhaupt gibt. Dieses Buch ist eine Hommage an herzzerreißenden Fußballkrempel der 70er-, 80er- und 90er-Jahre und wie er in den Katalogen jener Zeit präsentiert wurde. Und deshalb ist dieses Buch auch so gestaltet. Ich hoffe, dass Sie beim Lesen und Entdecken das gleiche Vergnügen haben werden, das ich beim Recherchieren, Schreiben und Fotografieren, aber allen voran beim Finden der Objekte hatte. Womit ich mich bei all denen bedanken möchte, die mit mir gesprochen haben, in Erinnerungen schwelgten und ihre Expertise zur Verfügung stellten - vielen Dank für die Unterstützung!
Sascha Kurzrock ist in den Achtzigerjahren vom Fußball geflasht worden. Seitdem sammelt er alles, was irgendwie mit Fußball zu tun hat - von Mini-Aufklebern und Kirmesfähnchen über Feuerzeuge und Aschenbecher bis zu Spielwaren und Textilien. Dieser Katalog mit seinen über 800 Objekten ist eine Liebeserklärung an den vermeintlich unschuldigen Fußball der Siebziger- bis Neunzigerjahre. Und zugleich ist das Buch eine Hommage an die Versandhaus-Kataloge des letzten Jahrhunderts, als die Welt der Dinge noch dicht gedrängt auf glänzendem Papier präsentiert wurde, und an den "geilen Schrott" dieser Ära. Ein Buch für alle, die beim Geruch frisch geöffneter Panini-Tüten kribbelige Finger bekommen und eine magische Zeitreise in ihre fußballverrückte Kindheit antreten wollen.
Autorenporträt
Sascha Kurzrock ist mit Leidenschaft Haupt- und Realschullehrer. Daneben betreibt er den Fußball-Reiseblog "11km.de". Seit seiner Kindheit sammelt er Fußball-Devotionalien jeglicher Art. Im Arete Verlag sind von ihm bislang erschienen: "Fußball - eine Deutschlandreise. 100 Orte zum Entdecken, Erkunden und Erleben" und "Deutschlandreise EM 2024".
Herstellerkennzeichnung:
Arete Verlag
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Elisabethgarten 31
31135 Hildesheim
DE
E-Mail: becker@arete-verlag.de
Internet: www.arete-verlag.de




































































































