Festhalten an Freud

Lieferzeit: Zur Zeit nicht lieferbar, bitte kontaktieren sie uns zu diesem Artikel

10,00 

Sonderdruck aus Zeitschrift für psychoanalytische Theorie und Praxis, Jg. XXII, Heft 3 (2007)

ISBN: 3862591662
ISBN 13: 9783862591664
Autor: Heinrich, Klaus
Verlag: ca ira Verlag
Umfang: 38 S.
Erscheinungsdatum: 31.12.2020
Auflage: 1/2020
Format: 0.2 x 24 x 15.9
Gewicht: 49 g
Produktform: Kartoniert
Einband: KT

Nicht vorrätig

Artikelnummer: 8547907 Kategorie:

Beschreibung

'Festhalten an Freud' - Festhalten hat einen apologetischen Zug und in der Tat: Hirnforschung, Traumforschung, Verhaltensforschung scheinen über Freud hinweggegangen, seine Spekulation über die Frühzeit des Menschengeschlechts nurmehr ein Exempel spätaufklärerischer Mythenbildung zu sein, Soziologen konstatieren das Ende seiner seismischen Wirksamkeit, er wird heute vorzugsweise aus historischem oder literatischem Interesse gelesen, und selbst in seiner eigenen Disziplin, der Psychoanalyse, haben die Schulen ihn und sein therapeutisches Instrumentarium mit Ehrerbietung hinter sich gelassen. Als ich 1989 eine Rede Freud zu Ehren hilet, zu seinem 50. Todestag also, galt sie keinem Toten. Ich konnte sie demgemäß mit einem offenkundig doppeldeutigen Titel versehen: 'Anfangen mit Freud'. Das war einerseits historiographisch, andererseits appellativ gemeint. Zu erzählen war die tröpfelnde, dann politisch explodierende und bald danach von einer dogmatischen Linken kassierte Wiederauferstehung Freuds an den Berliner Universitäten nach der damnatio memoriae des NS. Aufzufordern war zu einem die neuerliche szientifische und gesellschaftliche Isolierung durchstoßenden Neuanfang. Das war damals ein Thema für Psychoanalytiker. Heute, so vermute ich, wende ich mich an Geisteswissenschaftler verschiedener Disziplinen, Intellektuelle über Fachgrenzen hinweg. Natürlich werde ich den Abstand zu damals reflektieren - Deutschlands Normalisierung ist ja durch eine große Verdrängungsleistung erkauft, nennen wir sie in Kürze: die uns vor der eigenen Geschichte abschottende Historisierung des NS. Meine apologetische Formulierung will dem Rechnung tragen, aber sie hat auch dieses Mal Appelcharakter. Festhalten an Freud, das heißt für mich: festhalten an ihm als einem Bundesgenossen unserers Denkens, auf den wir heute weniger denn je verzichten können. Festhalten an Freud, das heißt heute erst einmal: nicht zurückfallen hinter ihn.

Autorenporträt

Geboren 1927 in Berlin wurde er im Alter von 15 Jahren als Luftwaffenhelfer eingezogen. 1943 überlebte er ein Verfahren wegen Wehrkraftzersetzung und Defätismus. Ab dem Wintersemester 1945/46 studierte er an der unter sowjetischer Militäradministration stehenden Friedrich-Wilhelms-Universität Unter den Linden (ab 1948 Humboldt-Universität) Jura und Philosophie, Psychologie und Theologie, Kunst- und Literaturgeschichte. Dort wurde er nach einem improvisierten Vortrag zur Verteidigung Sartres gegen stalinistische Kritik denunziert, was ihn dazu veranlasste, 1948 im Westteil der Stadt als Student an der Gründung der Freien Universität mitzuwirken. Auf die Promotion in Philosophie 1952 folgte auf verschlungenen und hindernisreichen Wegen erst im Jahre 1964 die Habilitation mit dem Versuch über die Schwierigkeit nein zu sagen. 1968 wurde Klaus Heinrich Direktor des Religionswissenschaftlichen Instituts, 1971 ordentlicher Professor für Religionswissenschaften auf religionsphilosophischer Grundlage. Nach seiner Emeritierung im Jahre 1995 wurde er 1998 Ehrenmitglied der Deutschen Psychoanalytischen Vereinigung (DPV). Im Jahre 2002 erhielt er den Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.

Das könnte Ihnen auch gefallen …