Denn Schweigen ist ein Gefängnis

22,00 

Gedichte

ISBN: 8797032778
ISBN 13: 9788797032770
Autor: Nin, Aaiún
Verlag: én verlag
Umfang: 88 S.
Erscheinungsdatum: 07.02.2023
Format: 1 x 19 x 14
Gewicht: 140 g
Produktform: Kartoniert
Einband: EBR
Originaltitel: Broken Halves of a Milky Sun

In ihrem Debüt entwirrt die angolanische Autor*in und Künstler*in Aaiún Nin die komplexen Erfahrungen von Immigrat*innen, erforscht die Folgen von Verfolgung und Exil und gibt sich der befreienden Kraft von queerer Liebe und Begehren hin. Zwischen Nostalgie und Wut schwankend, sind die Gedichte durchdrungen von den bleibenden Spuren des Kolonialismus auf Körper und Seele. Aaiún Nin zeigt, wie Glaube und Hingabe als Formen der Unterdrückung dienen, und hinterfragt das Wesen der Heimat, indem sie das anhaltende Echo des Traumas zu sich zurückholt. ‘Denn Schweigen ist ein Gefängnis’ mischt suggestive Prosa und intime Zeugnisse, die von der universellen Verletzlichkeit der Existenz erzählen.

Artikelnummer: 7824895 Kategorie:

Beschreibung

Schwarze Haut im verlassenen Hinterland der Welt Beton und Dschungel in sich verändernden Zuständen der Zersetzung und Männer in der Ecke befehlen den Mädchen zu lächeln totenstarresteif nur Knochen, kein Fleisch. Mädchen in sittsamer Kleidung auf dem Weg zur Schule auf dem Weg zur Kirche auf dem Weg zum Friedhof in sittsamer Kleidung. Versteinerte Augen fehlende Zähne blauschwarze Haut aneinandergedrängt in Missbrauch gebadet. Das erste Sterben. In einem Massengrab wird ein blauschwarzer Schatten geboren. In einem Raum, der nach Kerosinlampen riecht zwei Frauen inmitten ihres vierten Sterbens draußen sitzen Männer, trinken Bier. Holographisch. Entsetzen macht den Körper durchsichtig. Verbotenes Fleisch unaufhörlich, unziemlich Totenkälte. Die längst Gefallenen. Zerbrochene Bildschirme. Holographisch. Zur Schule gehen wo ein weißer Gott am Kreuz das Paradies verspricht die Lebenden aufgebend im Wissen, dass die Toten uns lehren zu zählen. Schwere Hände der Erwachsenen. Vor den Mund gehalten. Stiller Schrei. Das erste Sterben. Ein Körper ist ein Körper Ein Körper ist ein Körper Das Fleisch nicht dein Wachsendes jugendliches Fleisch Unreif zur Ernte bereit. Also wachsen wir halten den Sensenmann an den Händen. Sind des Körpers und Landes beraubt. Im provisorischen Zuhause löschen wir unsere menschlichen Bestandteile. Aussiebend strg+alt+entf esc entf durch den Trichter der Algorithmen wo Ziffern und Buchstaben eins sind wo Ziffern Namen ablösen und uns Nachrichten von toten Schwarzen Menschen die kein Gott im Paradies willkommen heißt, den Halt rauben. Ungetaufte Leichname. Unheiliges Fleisch. Kummer hat ein steinernes Gesicht mechanisch hat die Finger am Abzug einer Waffe beliebiger Form schießt im Dunkeln strg+entf zerstört sich selbst esc+entf kämpft gegen den Lebenswillen. Entfaltung. Beuge das falsche Naturgesetz indem du Glück neu denkst Schwarzes Glück voller Leid zu viele abgefuckte Erinnerungen von uns als wir Kinder waren auf dem Weg zur Schule auf dem Weg zur Kirche auf dem Weg zur Beerdigung in sittsamer Kleidung. Trauerkleidung. Freude ins Leben peitschend. Die Knochen der hoffnungsvollen Toten die in ihren Särgen klappern von jenseits des Abgrunds weiterjubeln. Körper im Kreis brüllen. Manchmal lächelnd. Noch immer lächelnd. Vielleicht aus der Hoffnung heraus in funkelnder Wachsamkeit dass manche von uns es beim ersten Sterben belassen das zweite dritte vierte abwehren am Fleisch, das noch übrig ist, festhalten und es unser Eigen nennen mit gebrochenem Herzen noch immer lächelnd vielleicht aus dem Delirium heraus.

Bei ihrer Ankunft in Dänemark hat Aaiún Nin eine Kindheit in Angola, ein Studium in Zimbabwe und in Südafrika, Gewalt, Verfolgung und Flucht erlebt. Es folgen komplizierte Asylverfahren. Ihre komplexen Erfahrung- en schreibt die Autor*in und Künstler*in schließlich in Gedichten auf - so entsteht ein kraftvolles Lyrikdebüt, das die Auswirkungen von Rassismus und Kolonialismus, Queerness und Verletzlichkeit untersucht. Dem gegen- über steht die befreiende Kraft von Liebe und Begehren. Denn Schweigen ist ein Gefängnis berichtet von der universellen Verletzlichkeit der Existenz. Zwischen Wehmut und Wut schwankend legen die Gedichte die bleibenden Spuren des Kolonialismus auf Körper und Seele offen. Aaíun Nin zeigt, wie Glaube als Form der Unterdrückung dient, und hinterfragt das Wesen der Heimat, indem sie das anhaltende Echo des Traumas zu sich zurückholt. Der Band endet mit Selbstermächtigung: "Wir haben es geschafft / Wir haben es geschafft / Wir haben es geschafft".

Autorenporträt

Die Autor*in, Künstler*in und Aktivist*in Aaiún Nin wurde 1991 in Luanda, Angola, geboren, studierte in Zimbabwe und Südafrika und lebt heute in Dänemark. Aaiún Nin wurde zur Flucht gezwungen, da Homosexuellen in Angola Verfolgung drohte. 2021 erschien ihr internationales Debüt unter dem Titel "Broken Halves of a Milky Sun". Sie veröffentlichte Texte in diversen Magazinen erschienen und war auf mehreren Festivals zu Gast. Die Tageszeitung Politiken nannte Aaiún Nin "ein großes seltenes Talent dänischer Literatur".

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