Scala Santa

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19,90 

oder Josefine Wurznbachers Höhepunkt – Roman

ISBN: 3552049568
ISBN 13: 9783552049567
Autor: Franzobel
Verlag: Zsolnay Verlag Wien
Umfang: 400 S.
Erscheinungsdatum: 14.02.2000
Format: 3.8 x 21.2 x 13.5
Gewicht: 545 g
Produktform: Gebunden/Hardback
Einband: GEB

Nicht vorrätig

Artikelnummer: 791819 Kategorie:

Beschreibung

3 Frau Hornaus im Hochstand Haben Sie schon einmal über das Leben nachgedacht? Was Sie hier machen? Warum nicht alle glücklich sind? Wieso es Schmerzen gibt und Leid? Warum das Unglück in der Welt ist und wozu? Gott weiß eine Antwort, hat für jeden einen Sinn. Für alles. Nein, Franz war das nicht. Waren Sie schon einmal vom Leben durchgeglüht? Wissen Sie, daß Jesus extra für Sie gestorben ist? Sie. Extra Sie hat er erlöst. Sie persönlich. Für Ihre Sünden hat er Leid ertragen. Für Ihren Platz im Paradies? Sie wurden persönlich auserwählt. Haben Sie kurz Zeit? Und der Vater, noch vom Schlaf verwirrt, noch nicht ganz bei sich, bat zwei debil grinsende Persönchen herein. Aurelia und Zita paßten gut zu ihren Namen. In pfeffer- und salzfarbene Mäntel gehüllt, dicke Brillen im beflaumten Gesicht, dünne Lippen, abstehendes Ohrenpergament, dezent mit Gold behängt. Wanderschuhe. Nach Lavendel und chemischer Kleiderreinigung rochen sie. Abgelagertes, fast verkarstetes Leben in gebückten Gestalten. Meinetwegen setzen Sie sich halt. Der verknitterte Vater holte sich ein Bier, die beiden Damen lehnten ab. In der Bibel steht auf alles eine Antwort, sie nimmt uns das Gefühl des Ausgeliefertseins, nicht, wortwörtlich steht da alles drin. Wir sind Produkt des Schöpfungsakts. Auch Sie. Und bloß weil der Mensch gesündigt hat, hat Gott ihn vertrieben. In der Bibel stehts. Lesen Sie darin? Nein, brummte der Vater, ärgerlich, daß er so überrumpelt worden war, auch wollte er nicht sehen, was der Mensch verbrochen hatte. Erbsünde? Bibelrotz? Das war doch alles bloß ein Mist. Der Mensch hatte die Entscheidung, und der erste vollkommene Mensch, Adam, hat sich für die Lüge entschieden, für das Nichtgehorchen. Deshalb hat Gott ihn aus dem Paradies vertreiben müssen, weil er nicht geliebt hat, nicht gehorcht. Für die Sünde hat er sich entschieden, dieser Adam. Wir aber, wir dürfen keine Unzucht treiben. Gott weiß alles, was wir denken und tun. Seinen eigenen Sohn hat er geopfert, hat ihn extra ans Kreuz genagelt wegen uns. Nicht. Damit er uns von unseren Sünden befreit. Nicht. Was für Sünden denn? Die Schuld, die wir auf uns geladen haben. Wir sind schuldig auf der Welt, schon daß wir hier sind, unterstreicht das. Nur eine Lösung kann es für uns geben, die des Paradieses. Unsere ganze Existenz hier wäre sonst doch ohne Sinn, wir würden sterben und vergehen, verfaulen würden wir, und nichts, wenn Sie verstehen, nichts würde übrigbleiben, all unser Tun wäre geschluckt. Sinnlos wären wir. Zinnober, grinste Aurelia unverständlich in sich hinein. Und? Als hätte jemand hineingeblasen, begann nun unter der Ascheschicht der väterlichen Verschlafenheit wieder etwas zu glühen, Kohleblättchen wirbelten hoch. Wärmer wurde es. Stoffwechsel. Und wir, glänzte es aus Zita, wir von den Zeugen leben darauf hin, wir leben gottgerecht, versuchen das Sündhafte in uns zu minimieren. Beiden leuchteten die Augen, milchig trüb, wie Mottenkugeln eben leuchten können. Die altmodischen Schuhe standen fest am Teppichboden, das Leder wundgegangen, Kerben eingegraben, dicke Furchen, abgetretene Plastiksohlen. Die Hände hatten an den großen Knöpfen ihrer Mäntel rumgespielt, weiße Blusenteile eckten da heraus. Perlenkettenimitate baumelten in wundgebeteter Gelblichkeit an ihren faltenzersägten Hälsen, beide waren vielleicht 50, schon darüber. Aurelia und Zita, die gut zu ihren Namen paßten. Voller Freude sahen sie auf den ans Kreuz genagelten Erlöser im Herrgottswinkel, den die Mutter ihrem Onkel Otto abgebettelt hatte. Der hatte das gut 100 Jahre alte, handgeschnitzte Stück in Tschechien gekauft und es als leidenschaftlicher Atheist als Zielscheibe für sein Flobertgewehr benützt. Das erklärte die Löcher im ohnehin schon leidend dreinsehenden Christus - was hätte er erst sonst für ein Gesicht gemacht. Aber einen solchen Frevel ahnten die Zeuginnen natürlich nicht. Sie hielten die kleinen Löcher für die Wohnstätten heiliger Holzwürmer. Vom dicken Glas wuch

In der Wiener Vorstadt wird ein Passant ermordet. Die Anwohner - vom Hausmeister Ladislaus Stangl bis zum frommen Pfarrer Hutwelker und der verderbten Göre Josefine - beteiligen sich an der Jagd nach dem Verbrecher. Eine wahre Orgie zwischen Liebe und Libido, Verbrechen und Strafe.

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