Das ging ja wohl VORBEI, Genosse Minister

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Meine 13 Jahre als Leiter der Staatlichen Jagdwirtschaft Lindow in der Inspektion Staatsjagd der DDR

ISBN: 3946324614
ISBN 13: 9783946324614
Autor: Herold, Jürgen
Verlag: cw Nordwest Media Verlagsgesellsch. mbH
Umfang: 244 S.
Erscheinungsdatum: 12.09.2022
Format: 2.1 x 24.5 x 17.5
Gewicht: 749 g
Produktform: Gebunden/Hardback
Einband: GEB

An einem Januartag 1976 klingelte das Telefon in meinem Arbeitszimmer in der Oberförsterei Straupitz. Ich nahm ab und hörte: „Hier ist die Inspektion Staatsjagd der DDR, mein Name ist Richter, ich bin der Leiter der Inspektion der Staatsjagd. Genosse Herold, ich möchte dich übermorgen besuchen und eine wichtige Angelegenheit mit dir besprechen.“ Ich antwortete, ja, das ist möglich. Ich wusste, dass es die Inspektion Staatsjagd gibt, hatte aber bisher keinen direkten Kontakt zu ihr. Als Vorsitzender der Jagdgesellschaft Straupitz, welcher ich zu dieser Zeit war, nahm ich an, dass es um die Durchführung irgendeiner Jagd gehen würde. Wir hatten als Jagdgesellschaft schon Treibjagden auf Hasen für NVA-Offiziere organisiert und deshalb war diese Annahme für mich der einzige Grund des Besuches. Dann erschien pünktlich Oberforstmeister Johannes Richter, Leiter der Inspektion Staatsjagd der DDR. Er setzte sich mir gegenüber und ohne jede Umschweife sagte er: „Genosse Herold, wir suchen dringend Mitarbeiter, sowohl für die Zentrale in Berlin als auch als Leiter für einige Staatsjagdgebiete. Ich habe mich bei deinem Direktor und in der Abt. Forstwirtschaft im Bezirk Cottbus informieren lassen. Die sind zwar nicht erfreut, falls du weggehen würdest, sagen aber alle, dass du eine Tätigkeit in der Zentrale gar nicht annehmen würdest, deshalb kurz und bündig. Wir möchten dich als Leiter einer Staatlichen Jagdwirtschaft einsetzen und der Minister erwartet, dass du ja sagst. Du hast 14 Tage Bedenkzeit.“ Ich war natürlich überrascht und fragte, welches Gebiet denn überhaupt infrage käme. Er antwortete, das ist noch nicht spruchreif und ergänzte: „Falls du dich positiv entscheidest, was wir wie gesagt erwarten, müssen deine Personalunterlagen erst mal zur Überprüfung durch die Sicherheitsorgane, das kann bis zu zwei Monate dauern.“ Über Inhalt der neuen Tätigkeit, Arbeitsort und Ähnliches wurde nicht gesprochen. Am Abend dieses Tages saß ich nun mit meiner Frau zusammen. Wir redeten und redeten und erwogen alles Für und Wider einer Veränderung unserer Lebenssituation. Nach langem Hin und Her kamen wir zum Entschluss, das Angebot anzunehmen. Es gab dafür gute Gründe: Jagdliche Passion bei der praktischen Jagdausübung und aktive Tätigkeit in Vorständen von Jagdgesellschaften, in verschiedenen Wildwirtschaftsgremienausschüssen sowie persönliche Kontakte zu Jagdwissenschaftlern, speziell zu Dr. Briedermann, – seit eh und je bestimmten meine persönlichen Vorstellungen vom Beruf. Ich war und bin noch heute absolut überzeugt, dass Forstwirtschaft und Jagd, Wald und Wild untrennbar und unmittelbar verbunden sind. Problematisch ist nur, dass dieses Miteinander dem Zeitgeist unterliegt. Das hat zur Folge, dass ständiges Abwägen nötig ist, da ständige Zugeständnisse oder auch harte Forderungen abwechselnd aus verschiedenen Richtungen den Zustand und die Entwicklung dieses so sensibel gewordenen Bereichs beeinflussen. Diese Einsicht spielte natürlich bei der damaligen Entscheidung keine Rolle. Wichtig war, dass meine Frau und ich uns eigentlich schon entschlossen hatten, zurück in die Sächsische Schweiz, Heimat meiner Frau, zu gehen. Dort wurde im gleichen Jahr eine Oberförsterei frei und ich hatte bereits eine Vorabsprache mit dem damaligen Direktor des Staatlichen Forstwirtschaftsbetriebes Königstein, mit Zusicherung, die Oberförsterei übernehmen zu können. Insofern hatten wir innerlich eigentlich unsere Zelte schon abgebrochen und da meine Frau ebenfalls aktive und passionierte Jägerin war, wurde entschieden: Wir gehen zur Inspektion Staatjagd! Meiner Zusage folgte eine Einladung Richters zur Besichtigung der „neuen Heimat“. Richter holte uns ab und dann landeten wir etwa 8 km von Altruppin entfernt in Zippelsförde und damit in einer wahren Symphonie von Schutt, Brennnesseln und maroden Gebäuden. Als wir dieses Ruinenfeld verließen, weinte meine Frau bittere Tränen und ich sagte, dass ich meine Zusage sofort zurücknehmen würde. Aber sie bli

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Beschreibung

An einem Januartag 1976 klingelte das Telefon in meinem Arbeitszimmer in der Oberförsterei Straupitz. Ich nahm ab und hörte: Hier ist die Inspektion Staatsjagd der DDR, mein Name ist Richter, ich bin der Leiter der Inspektion der Staatsjagd. Genosse Herold, ich möchte dich übermorgen besuchen und eine wichtige Angelegenheit mit dir besprechen. Ich antwortete, ja, das ist möglich. Ich wusste, dass es die Inspektion Staatsjagd gibt, hatte aber bisher keinen direkten Kontakt zu ihr. Als Vorsitzender der Jagdgesellschaft Straupitz, welcher ich zu dieser Zeit war, nahm ich an, dass es um die Durchführung irgendeiner Jagd gehen würde. Wir hatten als Jagdgesellschaft schon Treibjagden auf Hasen für NVA-Offiziere organisiert und deshalb war diese Annahme für mich der einzige Grund des Besuches. Dann erschien pünktlich Oberforstmeister Johannes Richter, Leiter der Inspektion Staatsjagd der DDR. Er setzte sich mir gegenüber und ohne jede Umschweife sagte er: Genosse Herold, wir suchen dringend Mitarbeiter, sowohl für die Zentrale in Berlin als auch als Leiter für einige Staatsjagdgebiete. Ich habe mich bei deinem Direktor und in der Abt. Forstwirtschaft im Bezirk Cottbus informieren lassen. Die sind zwar nicht erfreut, falls du weggehen würdest, sagen aber alle, dass du eine Tätigkeit in der Zentrale gar nicht annehmen würdest, deshalb kurz und bündig. Wir möchten dich als Leiter einer Staatlichen Jagdwirtschaft einsetzen und der Minister erwartet, dass du ja sagst. Du hast 14 Tage Bedenkzeit. Ich war natürlich überrascht und fragte, welches Gebiet denn überhaupt infrage käme. Er antwortete, das ist noch nicht spruchreif und ergänzte: Falls du dich positiv entscheidest, was wir wie gesagt erwarten, müssen deine Personalunterlagen erst mal zur Überprüfung durch die Sicherheitsorgane, das kann bis zu zwei Monate dauern. Über Inhalt der neuen Tätigkeit, Arbeitsort und Ähnliches wurde nicht gesprochen. Am Abend dieses Tages saß ich nun mit meiner Frau zusammen. Wir redeten und redeten und erwogen alles Für und Wider einer Veränderung unserer Lebenssituation. Nach langem Hin und Her kamen wir zum Entschluss, das Angebot anzunehmen. Es gab dafür gute Gründe: Jagdliche Passion bei der praktischen Jagdausübung und aktive Tätigkeit in Vorständen von Jagdgesellschaften, in verschiedenen Wildwirtschaftsgremienausschüssen sowie persönliche Kontakte zu Jagdwissenschaftlern, speziell zu Dr. Briedermann, - seit eh und je bestimmten meine persönlichen Vorstellungen vom Beruf. Ich war und bin noch heute absolut überzeugt, dass Forstwirtschaft und Jagd, Wald und Wild untrennbar und unmittelbar verbunden sind. Problematisch ist nur, dass dieses Miteinander dem Zeitgeist unterliegt. Das hat zur Folge, dass ständiges Abwägen nötig ist, da ständige Zugeständnisse oder auch harte Forderungen abwechselnd aus verschiedenen Richtungen den Zustand und die Entwicklung dieses so sensibel gewordenen Bereichs beeinflussen. Diese Einsicht spielte natürlich bei der damaligen Entscheidung keine Rolle. Wichtig war, dass meine Frau und ich uns eigentlich schon entschlossen hatten, zurück in die Sächsische Schweiz, Heimat meiner Frau, zu gehen. Dort wurde im gleichen Jahr eine Oberförsterei frei und ich hatte bereits eine Vorabsprache mit dem damaligen Direktor des Staatlichen Forstwirtschaftsbetriebes Königstein, mit Zusicherung, die Oberförsterei übernehmen zu können. Insofern hatten wir innerlich eigentlich unsere Zelte schon abgebrochen und da meine Frau ebenfalls aktive und passionierte Jägerin war, wurde entschieden: Wir gehen zur Inspektion Staatjagd! Meiner Zusage folgte eine Einladung Richters zur Besichtigung der neuen Heimat. Richter holte uns ab und dann landeten wir etwa 8 km von Altruppin entfernt in Zippelsförde und damit in einer wahren Symphonie von Schutt, Brennnesseln und maroden Gebäuden. Als wir dieses Ruinenfeld verließen, weinte meine Frau bittere Tränen und ich sagte, dass ich meine Zusage sofort zurücknehmen würde. Aber sie blieb tapfer an meiner Seite. Immerhin bewohnten wir bis dahin ein neugebautes Einfamilienhaus in einem gut mit Versorgungseinrichtungen ausgestatteten Ort. Beim Umzug Anfang November 1976 fragte sogar der Fahrer des Möbelwagens meine Frau, ob ich strafversetzt wurde. Unsere Kinder erlebten natürlich ebenfalls zunächst einen tiefen Einschnitt in ihre Umwelt und mussten sich neue Schulfreunde suchen. Der bequeme Schulweg von 10 Minuten zu Fuß in Straupitz wurde in eine längere Busfahrt umgewandelt. Als erstes wurde für uns nach wochenlangem Warten ein Leichtbau-Bungalow errichtet, zunächst ohne Heizung. Von Anfang November bis Anfang Dezember 1976 wurde ein Elektrokabel durch ein geöffnetes Fenster in die kleine Diele verlegt und jeder Raum mit einem Heizlüfter beheizt. Das Kabel wurde im Fenster in Decken und leere Säcke eingeklemmt und abgedichtet. In jedem Raum, wie gesagt, wurde ein Heizlüfter installiert, und die waren damals laut! Anfang Dezember 1976 kam dann endlich eine Sonderbaubrigade und baute innerhalb einer Woche eine Schwerkraftzentralheizung ein. Fast gleichzeitig bekamen wir, welch ein Wunder, auch einen Telefonanschluss. So wurde das Weihnachtsfest 1976 dann doch noch zum besinnlichen Ereignis. Nein nicht ganz, denn ein Gast aus dem Regierungsheim hatte das dringende Bedürfnis, ausgerechnet am 1. Feiertag zu jagen. Sein Name ist unwichtig, aber er gehörte erfreulicherweise nicht zu den späteren Gästen. Das Frühjahr 1977 galt dann im Wesentlichen der Neuordnung und Gestaltung der nächsten Umgebung unseres Wohnsitzes - unsere Hauptaufgabe in der Freizeit. Wir lebten uns ein. Erst mit Beginn des Jahres 1980 konnten wir dann in das neue errichtete Haupthaus einziehen. Die Kinder mussten nicht mehr, wie vorher, wenn Gäste kamen, entweder in ihrem Kinderzimmer bleiben oder bei Freunden in der nächsten Stadt, Altruppin, übernachten. Wie gesagt, ab 1980 wohnten wir dann gut in einer neuen Wohnung. Am Tage meines Dienstantritts in der staatlichen Jagdwirtschaft Lindow am 1. September 1976 übernahm ich einen PKW Lada 1500 als Dienstfahrzeug. Das war damals natürlich ein repräsentatives Fahrzeug. Zugleich mit der Übergabe informierte mich Richter über Fahrtenbuchführung und das Verbot, betriebsfremde Mitfahrer mitzunehmen. Ich durfte aber das Auto auch für private Fahrten nutzen, natürlich mit abrechenbarem Nachweis im ordentlich geführten Fahrtenbuch und nur innerhalb der DDR. Gleichzeitig teilte mir Richter mit, dass ich grundsätzlich Tag und Nacht erreichbar und einsatzbereit sein müsste, auch bei Urlaub und Familienfeiern. Tatsächlich kam es häufig dazu, dass ich Urlaub, Ferienfahrten oder Familienfeiern unterbrechen musste. Als Ausnahme galten lediglich alle Auslandsreisen, welche allerdings vor Reiseantritt an Richter gemeldet werden mussten.

Es ist zwar über 30 Jahre her, aber dank akribischer Dokumentation und eines wachen Geistes erscheint vieles noch wie eben erst vorbei. Als Oberförster in der Oberförsterei Straupitz/Spreewald tätig, klingelte 1976 das Telefon. Der Leiter der Inspektion Staatsjagd der DDR, Oberforstmeister Johannes Richter, meldete sich an. Er kam und offerierte mir die Erwartung des Ministers für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft, dass ich meine Bereitschaft erkläre, Leiter eines Staatsjagdgebietes zu werden, in dem vor allem führende Personen von Partei und Regierung der DDR mit ihren Gästen jagen. Was ich erlebte, ist keine wissenschaftliche Dokumentation, sondern bezieht sich auf persönliche Aufzeichnungen, Erinnerungen und Restdokumente. Hohe Schalenwildbestände und ein sachkundiges Personal sollte die Voraussetzungen schaffen, dass jagende Gäste wie Honecker, Krenz, Schalck-Golodkowski, hochrangige Minister und ausländische Gäste Weidmannsheil hatten und ein völlig neues Zentrum mit mehreren zweckdienlichen Gebäuden entstand. Dafür mussten auch etliche Sonderwünsche und persönliche Marotten ertragen werden und am Ende ging der Schuss dann doch vorbei! Aber so manche Anekdote - absolute Diskretion wurde vorausgesetzt - und auch manch einmaliges Jagderlebnis blieben im Gedächtnis haften.

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